Othmar Peter Hartmann "Ostern"
Wien [ENA] In einem Notizbuch aus dem Nachlass von Othmar Peter Hartmann (1898-1973) fand sich diese kleine Zeichnung, wahrscheinlich eine Studie, zu der er einige schriftliche Kontemplationen über das Ei als österliches Symbol hinzugefügt hatte. Das Motiv zeigt einen Menschen, über dem ein Ei schwebt.
Die Figur ist noch von der Kälte des Winters gezeichnet, aber während sie noch in ihrem Einzeldasein erstarrt zu sein scheint, symbolisiert das Ei schon das neue Leben, das der Frühling mit sich bringt. Denn schon hüpft neben dem Ei ein geschlüpfter Vogel und daneben in einer Umrahmung, lassen sich Gestalten erkennen, die nur angedeutet, der Fantasie der Betrachter viel Raum lassen. So ist das neue Leben auch die Fülle, die das Einzeldasein in seiner mageren und traurigen Selbstbezogenheit ablöst. Obwohl nur eine Skizze, ist das Thema dieser kleinen Zeichnung kulturell äußerst tief empfunden. Denn Ostern, das Fest des Leidens, Sterbens und der Auferstehung Jesu Christi ist schon lange das übergeordnete theologische Prinzip.
Damit stellt es sich über das Einzelschicksal und wird zur Allgemeingültigkeit erhoben. Und doch knüpft es an alte Bräuche vorchristlicher Gemeinschaften an, die in der Morgenröte und im Frühling schon immer ihre Lebensfreude und ihr Überleben feierten. Weil aber auch die Entdeckung des leeren Grabes Jesu "früh am Morgen, als eben die Sonne aufging" stattfand, ist die Morgenröte auch im Christentum Symbol der Auferstehung. In der deutschen Sprache deutet Ostern noch auf das altgermanische Wort "Ausro" oder Morgenröte hin. Das Frühlingsfest war schon immer in den kalten Gegenden für die Menschen jenes Ereignis, das nach dem lebensbedrohlichen Winter, die Kräfte zur Entfaltung brachte und die Wonnen der Wärme und des Blühens zelebrierte.